Steuerreform 2015/2016
1. Änderungen in der Einkommensteuer und der Sozialversicherung
Die Steuerreform in Österreich bringt eine große Tarifreform und eine Fülle von anderen kleineren Änderungen in der Einkommensteuer und der Sozialversicherung, die aber für den einzelnen Steuerpflichtigen im Einzelfall von großer Bedeutung sein können. Die Auswirkungen auf die Unternehmensbesteuerung im Detail:
a) Der Einkommensteuer-Tarif ab 2016
Durch die Senkung des Eingangssteuersatzes von 36,5 Prozent (bis Ende 2015) auf 25 Prozent (ab Anfang 2016) werden lohn- und einkommensteuerzahlende Personen entlastet, im Durchschnitt soll die Entlastung rund EUR 1.000,00 pro Steuerpflichtigem und Jahr ausmachen. Zusätzlich kommt der Steuersatz von 50 Prozent erst ab EUR 90.000,00 im Jahr - anstatt der bisherigen EUR 60.000,00 - zum Tragen. Für Einkommensteile über EUR 1 Mio. pro Jahr gilt ein auf fünf Jahre befristeter Steuersatz von 55 Prozent.
Der Arbeitnehmerabsetzbetrag von derzeit EUR 54,00 wird in den Verkehrsabsetzbetrag (derzeit EUR 291,00) integriert und ab 2016 von insgesamt EUR 345,00 auf EUR 400,00 erhöht.
Die Sozialversicherungserstattung für Personen mit geringeren Einkommen wird auf maximal EUR 400,00 erhöht (bisher betrug die „Negativsteuer“ EUR 110,00). Auch Pensionisten profitieren in Zukunft von einer solchen Erstattung im Ausmaß von maximal EUR 110,00 pro Jahr. Die Begrenzung soll auf 50 Prozent der Sozialversicherungsbeiträge erhöht werden (bisher 10 Prozent). Auch Selbstständige, die bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft versichert sind, sowie Landwirte (Sozialversicherung der Bauern), die keine Einkommensteuer zahlen, sollen durch Rückerstattungen entlastet werden.
Außerdem erhalten geringverdienende Pendler eine Erhöhung des Pendlerzuschlages.
b) Weitere Änderungen
- Sonderausgaben: Die Topfsonderausgaben (bestimmte Lebensversicherungen, Ausgaben für Wohnraumschaffung, Wohnraumsanierung, etc) sind ab 2016 für neu abgeschlossene Verträge nicht mehr abzugsfähig. Ausgaben aufgrund bestehender Verträge sollen noch fünf Jahre lang absetzbar bleiben. Weiters können ab dem Jahr 2017 Sonderausgaben für Kirchenbeiträge, Spenden, Nachkauf von Versicherungszeiten und freiwillige Weiterversicherungen nur mehr steuerlich geltend gemacht werden, wenn sie von den jeweiligen Institutionen ans Finanzamt gemeldet werden. Bereits für das Jahr 2016 soll in bestimmten Fällen eine amtswegige Arbeitnehmerveranlagung erfolgen.
- Kinderfreibetrag: Der Kinderfreibetrag von derzeit EUR 220,00 wird auf EUR 440,00 pro Kind erhöht. Bei Geltendmachung durch beide Elternteile soll der Freibetrag künftig jeweils EUR 264,00 statt bisher EUR 132,00 betragen. Der Kinderfreibetrag steht nur zu, wenn Sie als Steuerpflichtiger eine Einkommensteuererklärung abgeben bzw. eine durchführen.
- Dienstauto / Sachbezug: Die Privatnutzung des arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges stellt einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis dar und ist derzeit mit monatlich 1,5 Prozent der Anschaffungskosten mit bis zu EUR 720,00 zu versteuern. Ab 2016 werden PKWs, die einen CO2-Ausstoß von mehr als 130 g CO2-Ausstoß/km aufweisen, mit einem Sachbezug in Höhe von 2 Prozent, somit mit bis zu EUR 960,00 versteuert werden müssen. Die CO2-Grenze wird jedoch in den Jahren 2017 bis 2020 jährlich um 3 % reduziert. Privat genutzte Dienstfahrzeuge mit Elektromotor (reine Elektrofahrzeuge - gilt nicht für Hybridfahrzeuge !) sind künftig steuerfrei; das heißt, bei diesen kommt zukünftig kein Sachbezug zur Anwendung.
- Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlage in der Sozialversicherung: Im Jahr 2016 soll eine außerordentliche Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlage im Ausmaß von EUR 100,00 pro Monat – zusätzlich zur gesetzlich automatisch vorgesehenen Valorisierung – erfolgen. Somit wird die Höchstbeitragsgrundlage 2016 voraussichtlich auf EUR 4.860,00 (derzeit EUR 4.650,00) erhöht.
- Einlagenrückzahlung: Bisher konnte bei einer Ausschüttung aus einer Kapitalgesellschaft gewählt werden, ob man diese steuerlich als Gewinnausschüttung oder als Einlagenrückzahlung vornimmt. Je nach Fallgestaltung konnte das eine oder das andere steuerlich günstiger sein. Durch die Steuerreform wird dieses Wahlrecht für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Juli 2015 beginnen, stark eingeschränkt. Auch wenn die Übergangsbestimmungen unklar sind, sollten Ausschüttungen bis Ende das Jahres jedenfalls noch nach dem alten Regime möglich sein. Man sollte sich daher überlegen, ob bis Ende des Jahres noch Ausschüttungen ohne KESt-Belastung vorgenommen werden können/sollen.
- Kapitalertragsteuer: Die Kapitalertragsteuer (KESt) wird von 25 Prozent auf 27,5 Prozent erhöht. Diese erhöhte KESt wird voraussichtlich auf Gewinnausschüttungen (Dividenden), Veräußerungsgewinne von Kapitalvermögen, Zuwendungen von Stiftungen etc., nicht aber z.B. für Sparbuchzinsen gelten, für die weiterhin 25 Prozent gelten sollen. Die geplante Anwendung zweier Steuersätze bedarf einer Zweidrittelmehrheit im Parlament, weil das Endbesteuerungsgesetz im Verfassungsrang steht, andernfalls wird voraussichtlich ab 2016 ein einheitlicher Satz von 27,5 Prozent für alle Kapitaleinkünfte zur Anwendung gelangen.
- Verlustverrechnungsbremse bei Personengesellschaften: Verlustzuweisungen bei Personengesellschaften sollen nur mehr bis zur Höhe der geleisteten Einlage möglich sein, wenn der beschränkt haftende Mitunternehmer (Kommanditist, atypisch stiller Gesellschafter) keine ausgeprägte Mitunternehmerinitiative entfaltet (z.B. nicht oder weniger als 10 Wochenstunden in der Geschäftsführung tätig ist). Dieses Verlustausgleichsverbot gilt aber nur für natürliche Personen. Nicht ausgeglichene Verluste können dann mit künftigen Gewinnen verrechnet werden. Verluste aus Sonderbetriebsausgaben sind von der Einschränkung nicht erfasst.
2. Änderungen für Immobilienbesitzer
a) Grunderwerbsteuer
Ab dem Inkrafttreten der Änderungen wird die Grunderwerbsteuer (GrESt) unabhängig vom Verwandtschaftsverhältnis immer vom Verkehrswert berechnet (ausgenommen Land- und Forstwirtschaft und Umgründungen). Ebenfalls wird es keinen Unterschied machen, ob die Übertragung entgeltlich (Kauf oder Tausch) oder unentgeltlich (Schenkung oder Erbschaft) erfolgt.
Folgende Staffelung bzw. folgende Steuersätze sind geplant:
- die ersten EUR 250.000,00 mit 0,5 Prozent,
- die nächsten EUR 150.000,00 mit 2,0 Prozent,
- alles über EUR 400.000,00 mit 3,5 Prozent.
Konnten Familien bei der letzten Novelle des Grunderwerbsteuergesetzes zum 01. Juni 2014 noch aufatmen und sich sogar zu den Gewinnern zählen, weil die Bemessungsgrundlage beim dreifachen Einheitswert belassen wurde (unabhängig davon, ob die Übertragung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt), wird künftig auch im Familienverband die GrESt vom Verkehrswert bemessen werden.
Die Eintragungsgebühr ins Grundbuch bleibt nach derzeitigem Informationsstand unverändert.
Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft bleiben die 2014 neu erhobenen Einheitswerte weiterhin relevant.
Der Freibetrag für Übertragungen von Immobilien im Rahmen von altersbedingter unentgeltlicher Betriebsübergabe steigt auf EUR 900.000,00. Für Tourismusbetriebe mit Immobilien sind Ermäßigungen angekündigt.
Bei vorgezogenen Liegenschaftsübertragungen ist zu beachten, dass unter Umständen negative umsatzsteuerliche Konsequenzen resultieren können, wie z.B. die Notwendigkeit einer Vorsteuerkorrektur oder aber der Entfall der Möglichkeit, bei einem Mietvertrag zur Umsatzsteuer zu optieren. Diese negativen Konsequenzen können durch Einräumung eines Fruchtgenusses reduziert bzw. vermieden werden, wobei allerdings hier die neue und strengere Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu beachten ist.
Immobilien könnten aber auch gegen Gewährung einer (Leib-)Rente übertragen werden.
b) Immobilienertragsteuer
Ebenfalls zu einer Erhöhung kommt es bei der erst 2012 eingeführten Immobilienertragsteuer. Diese wird von 25 Prozent auf 30 Prozent angehoben, wodurch es auch bei Altfällen zu einer Steigerung der effektiven Steuerbelastung von 3,5 Prozent auf 4,2 Prozent kommt. Zusätzlich soll der Inflationsabschlag (2 Prozent ab dem 11. Jahr, höchstens jedoch 50 Prozent des Gewinnes) entfallen.
Zu bedenken ist in jedem Fall, dass es sich sowohl bei der Hauptwohnsitzbefreiung als auch bei der Herstellerbefreiung um eine höchstpersönliche Befreiung handelt, die durch Verschenken oder Vererben jedenfalls untergeht, wobei die Hauptwohnsitzbefreiung zweiter Art (mindestens 5 Jahre in den letzten 10 Jahren) durch entsprechend langes Bewohnen wiederum erlangt werden kann.
c) Sonstige Änderungen
Der Abschreibungssatz für Betriebsgebäude wird einheitlich 2,5 Prozent betragen - wirksam für Wirtschaftsjahre, die ab 01. Jänner 2016 beginnen. Bestehende Gebäudeabschreibungen sind anzupassen. Bei Vermietung zu Wohnzwecken soll aber auch im betrieblichen Bereich nur ein AfA-Satz von 1,5 Prozent (der auch weiterhin bei privaten Vermietungseinkünften anzusetzen ist) zur Anwendung kommen.
Der Verteilungszeitraum für Instandsetzungsaufwendungen (bzw. bei Option für Instandhaltungsaufwendungen) für Wohngebäude wird von 10 auf 15 Jahre verlängert. Für bereits in der Vergangenheit getätigte Instandsetzungsaufwendungen verlängert sich der Verteilungszeitraum ebenfalls entsprechend.
Als (nicht abschreibbarer) Grundwert sind ab 2016 ohne Nachweis 40 Prozent (bisher 20 Prozent) der Anschaffungskosten bei der privaten Vermietung auszuscheiden. Dies soll aber dann nicht gelten, wenn die tatsächlichen Verhältnisse offenkundig erheblich davon abweichen. Das Bundesministerium für Finanzen wird ermächtigt, abweichende Verhältnisse im Verordnungswege festzulegen. Die Abschreibung für Altgebäude ist entsprechend anzupassen.
3. Änderungen in der Umsatzsteuer
Die Absicht der Regierung, Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer durchzuführen, bezieht sich auf die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes in bestimmten Bereichen auf 13 Prozent.
a) Beherbergung
Der ermäßigte Steuersatz von 10 Prozent für die Beherbergung wird auf 13 Prozent erhöht. Bei einer vollen Weiterbelastung der Erhöhung an den Hotelgast ergibt sich somit eine Erhöhung des Zimmerpreises um rund 3 Prozent.
Diese Erhöhung wird erst mit 01. Mai 2016 in Kraft treten, da bei bereits getätigten Buchungen eine nachträgliche Erhöhung des Preises praktisch nicht möglich ist und den Hotels somit noch Spielraum für die Preisgestaltung gewährt werden soll.
b) Weitere Erhöhungen
Für folgende Umsätze erfolgt bereits ab 01. Jänner 2016 eine Erhöhung des ermäßigten Steuersatzes von 10 Prozent auf 13 Prozent:
- Umsätze mit lebenden Tieren, etc.
- Umsätze mit Saatgut, Pflanzen, Futtermittel, etc.
- Holz
- Jugendbetreuung
- Personenbeförderung im Inland im Luftverkehr
- Theater, Musik- und Gesangsaufführungen, Museen, Tiergärten, etc.
- Filmvorführungen, etc.
- Schwimmbäder
- Kulturelle Dienstleistungen
Für die Lieferungen von Ab Hof-Wein erhöht sich der ermäßigte Steuersatz um einen Prozentpunkt auf 13 Prozent.
Die übrigen Lieferungen und Leistungen, die derzeit mit 10 Prozent Umsatzsteuer besteuert werden, bleiben bei einer 10%igen Besteuerung, beispielsweise die Wohnungsvermietung oder umsatzsteuerpflichtige Leistungen von gemeinnützigen Vereinen.
4. Registrierkassenpflicht
Unternehmer, die ihre Einnahmen überwiegend mit Bargeschäften erzielen, sind seit Jahren im Visier der Finanzverwaltung. Mit der seit einigen Jahren geltenden „Barbewegungsverordnung“ wurden zwar genaue Aufzeichnungspflichten für Barumsätze geregelt, die Finanzverwaltung vermutet aber in diesem Bereich – nicht zuletzt auch aufgrund des internationalen Vergleiches – immer noch Verbesserungspotential.
Bisher blieb es dem Unternehmer überlassen, Bareinnahmen händisch aufzuzeichnen.
„Einzeln!“ - so lautete bisher die Devise, am besten noch sortiert und nummeriert, zumindest nachvollziehbar – aber nicht verpflichtend elektronisch.
a) Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht
Die Lösung zur Erfassung aller Umsätze soll nun die verpflichtende Verwendung einer Registrierkasse ab EUR 15.000,00 Nettoumsatz pro Jahr - sofern die Barumsätze EUR 7.500,00 übersteigen - sein. Gleichzeitig mit der Registrierkassenpflicht wird auch eine Belegerteilungspflicht eingeführt. Die neue Kasse kann nämlich den einzeln zu registrierenden Barumsatz dann gleich in Form eines Beleges ausdrucken. Unter Barumsätze werden auch Zahlungen mit Bankomat- oder Kreditkarte verstanden.
b) Technische Sicherheitslösung
Zukünftig ist es nicht mehr gestattet, Kassen ohne technische Sicherheitslösung gegen Manipulationen zu benützen (Vorsicht: Strafe droht !). Dies ist dem Finanzminister aber auch eine Prämie von bis zu EUR 200,00 wert, die ausbezahlt wird, wenn die manipulationsgeschützte Kassa angeschafft wird. Investitionskosten bis EUR 2.000,00 können sofort im Jahr der Anschaffung abgesetzt werden.
c) Ende des "Kassensturzes" - Ausnahme bei "kalten Händen"
Der Kassasturz ist nun endgültig aus der Mode und soll nur noch für Unternehmer „mit kalten Händen“, deren Umsatz EUR 30.000,00 p.a. nicht übersteigt, erhalten bleiben. Die kalten Hände gesteht die Finanzverwaltung nur Unternehmern zu, die Umsätze von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder anderen öffentlichen Orten - jedoch nicht in Verbindung mit fest umschlossenen Räumlichkeiten - tätigen.
d) Mobile Umsätze - Paragonpflicht
Weil aber nicht jeder Unternehmer aus Sicht der Finanzverwaltung kalte Hände haben darf, wie mobile Friseure, Masseure, Hebammen, Schneider und Tierärzte etc., dürfen diese, wenn sie mobile Umsätze tätigen, zwar mittels Paragon (händische Rechnung) aufzeichnen, müssen aber im Nachhinein diese in der Registrierkasse am Betriebsort erfassen.
5. Sonstiges
a) Mitarbeiterbeteiligung
Die steuerfreie Mitarbeiterbeteiligung von derzeit EUR 1.460,00 p.a. wird auf EUR 3.000,00 p.a. erhöht.
b) Bildungsfreibetrag und Bildungsprämie
Der Bildungsfreibetrag und die Bildungsprämie werden ab 2016 gestrichen.
c) Forschungsprämie
Die Forschungsprämie wird von derzeit 10 Prozent ab 2016 auf 12 Prozent angehoben.
d) KMU-Finanzierung
Für kleine und mittlere Unternehmen in Österreich wird die Erstellung eines „KMU-Finanzierungspakets“ in Aussicht gestellt.
e) Bauwirtschaft
Um den Steuerbetrug in der Bauwirtschaft einzudämmen, dürfen künftig Barzahlungen für Bauleistungen über EUR 500,00 steuerlich nicht mehr abgesetzt werden. Arbeitslöhne in der Bauwirtschaft dürfen nicht mehr bar ausbezahlt werden.
f) Verlustvortrag Einnahmen-/Ausgabenrechnung
Einnahmen-/Ausgabenrechner können künftig ihre Verluste (und zwar jene ab 2013) unbegrenzt vortragen.